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11.01.2006

IST-Wellness- und Spamanagerin Anja Eva Keller: Erfüllender Job in angenehmer Atmosphäre

Seit vier Jahren arbeitet Anja Eva Keller beruflich in Dar es Salaam in Tansania. Seit dem 1. August 2005 als General Managerin im Colosseum Health & Fitness Club.

Kellers Tätigkeit in der Fitnessbranche startete allerdings bereist früher. Nach einer Ausbildung  zur Bürokauffrau absolvierte sie ein Studium der Betriebswirtschaftslehre. Nebenher begann sie in einem Fitness-Studio zu jobben. Da ihr diese Arbeit viel Spaß machte, erwarb sie unter anderem eine  Aerobic-Trainer A-Lizenz und arbeitete freiberuflich zum Beispiel als Ausbilder, Referent und Präsenter, etwa für den Deutschen Fitness & Aerobic Verband (DFAV). 
 
Bis irgendwann der Schritt nach Tansania kam. „Mein Bruder hat dort vor sechs Jahren eine Krankengymnastik-Praxis eröffnet“, erklärt Keller, „und die wollte er irgendwann erweitern. Da war natürlich die Idee, Wellness und Fitness anzugliedern, nahe liegend. Und so bin ich dann vor zweieinhalb Jahren nach Tansania gegangen um diese Aufgabe, eine Art Personal Training, wahrzunehmen.“
 
Ein Schritt, der ihr nicht allzu schwer fiel: „Mein Bruder lebt seit über 15 Jahren dort und ich habe ihn so gut wie jedes Jahr besucht. Ich wusste also, wie es dort ist und was auf mich zukommt. Zudem hatte ich dadurch auch schon einige Bekannte. Das machte es für mich natürlich sehr viel einfacher.“
 
Anja Eva Keller arbeitete zwei Jahre in der Praxis ihres Bruders, bevor er diese weiterverkaufte und in den Oman ging. Für Keller hatte sich zu diesem Zeitpunkt ebenfalls ein neuer Job ergeben. „Eine ehemalige Kundin von mir hatte schon länger die Idee ein Fitness- und Wellness-Studio zu eröffnen. Ihr fehlte aber das Know-how, um es zu leiten. Dieser Part sollte nach ihrem Wunsch dann mir zukommen. So kam es dann, dass wir dieses Projekt in Angriff genommen haben: sie als Investorin und ich als operative Geschäftsführerin.“ Im November 2004 begann man mit dem Bau.
 
Und am 1. August 2005 war es dann soweit: der Colosseum Health & Fitness Club eröffnete. Und hat seitdem die Erwartungen weit übertroffen. „Der Club ist wirklich extrem erfolgreich, das hätten wir so nie gedacht. Von der Eröffnung bis Mitte Dezember konnten wir bereits 400 Mitglieder gewinnen! Auch haben wir bereits 50 Mitarbeiter.“
 
Keller bezeichnet Tansania, das vor einigen Jahren noch sozialistisch war, momentan als Boom-Region. Die Einführung der Demokratie, das Öffnen von Grenzen und die freie Marktwirtschaft sind Gründe für diesen Boom. Dar es Salaam ist dabei, so die gebürtige Saarbrückerin, die wirtschaftliche Hauptstadt Tansanias. 
 
Vom Cardio-Bereich bis zur Maniküre
 
Das Colosseum bietet die ganze Bandbreite eines modernen Fitness-Studios: neben den Fitness-Geräten, einem großen Cardio-Bereich und zwei Squash-Courts, werden natürlich auch Kurse gegeben (Aerobic, Indoor-Cycling, Yoga usw.). Es gibt ein 25-Meter-Schwimmbecken, Sauna und Dampfbad sowie Massagen. Ebenfalls in die Anlage integriert ist Physiotherapie/Sporttherapie und – ein Frisör sowie Pediküre und Maniküre.  

Ungefähr ein Drittel der Kunden sind dabei Weiße bzw. Europäer. „Es gibt hier zum Beispiel viele ausländische Arbeitnehmer, deren Firmen komplette Pakete bei uns buchen“, erklärt Keller. Ein weiteres Drittel der Kundschaft besteht aus Indern, da in Tansania viele indische Geschäftsleute leben. Und ein weiteres Drittel sind dann die Tansanier selbst.

 
Wirkliche Konkurrenz gibt es für das Colosseum auch nicht, höchstens ein oder zwei „Garagen-Studios“, so Keller. Denn neben einem geeigneten Standort in Dar es Salaam fehlt es auch an Geld und dem nötigen Know-how. Und genau das hat Anja Eva Keller mitgebracht. Denn im Colosseum ist sie für fast alles zuständig. „Das fängt beim Einstellen von Personal an, geht über das Erstellen der Arbeitspläne, von Schulungen für die Rezeption oder Aerobic-Kurse bis hin zum Marketing und zur Buchhaltung“, so die 40-Jährige. „Weiterhin gebe ich noch Stunden, etwa Pilates oder Yoga. Und wenn es erforderlich ist stelle ich mich auch noch mal selbst an die Rezeption oder mache auch mal das Bad sauber.“
 
Zur eigenen Entlastung versucht sie aber momentan Teile des Personals auch an Dinge wie das Marketing oder die Buchhaltung heranzuführen. Was aber alles nicht so einfach ist, wie Keller aus Erfahrung weiß: „Man muss für tansanische Mitarbeiter sehr oft einfach mitdenken. Delegieren ist dort fast unmöglich. Das ist auch nicht böse gemeint, aber dort herrscht einfach eine ganz andere Mentalität. Die Menschen sind da viel gelassener, sehr ruhig. Auch haben das damalige politische System und das Schulsystem wohl mit dazu beigetragen. Eigenes Denken und selbstverantwortliches Handeln sind hier noch so gut wie nicht vorhanden.“ Zudem fällt auch die Kommunikation mit weniger qualifizierten Mitarbeitern, die etwa als Reinigungskräfte, Wachpersonal oder Gärtner angestellt sind, schwerer, da sie kein Englisch sprechen, sondern nur Kiswahili, was – neben Englisch – Landessprache ist.
 
Internationalität und entspannte Lebensweise 
 
Im Colosseum Helath & Fitness Club werden die Mitglieder rundum betreut – täglich sind vier Trainer vor Ort. Und das ist ein sehr internationales Team: Neben tansanischen, von Keller selbst angelernten Trainern, gibt es zum Beispiel eine Trainerin aus Russland, eine englische Yoga-Trainerin, eine Aerobic-Trainerin aus Südafrika, eine Massagetherapeutin aus Bali oder einen Frisör von den Philippinen.

Geöffnet wird bereits um halb 6. Und die Leute stehen zu dieser Zeit auch bereits vor der Tür, da man in Tansania auch aufgrund der Helligkeit und der Wärme früher aufsteht. Trainiert werden kann dann bis 10 Uhr abends – und das ganze sieben Tage die Woche.

 
Der Arbeitstag von Anja Eva Keller beginnt dementsprechend auch um halb 6. Meist gibt sie morgens eine Yoga-Stunde, kümmert sich dann um andere Dinge, wie Rezeptions-Belange, Kundenanfragen, Mitgliederverwaltung oder die Lieferanten. Zudem ist jeden Morgen eine Art Qualitätssicherung nötig. Was funktioniert nicht, wo ist etwa defekt? So gibt es zum Beispiel etwa ein Mal in der Woche kein Wasser. Für die zahlreichen Stromausfälle hat man einen Generator. Bei vorhandenen Fehlern muss Keller dafür sorgen, dass diese behoben werden. Nachmittags geht es dann meist weiter mit Büroarbeiten und abends gibt sie noch mal eine Trainerstunde.
 
Und trotz dieses hohen Arbeitspensum beurteilt Keller ihre Tätigkeit im Vergleich zu einer in Deutschland sehr positiv: „Ich komme mit meiner Arbeit bestimmt auf eine 60-Stunden-Woche. Ich muss hier mehr machen, mich um fast alles kümmern, habe mehr Verantwortung und Erfolgsdruck. Trotzdem empfinde ich meine Arbeit hier als weniger stressig. Und das liegt einfach an der Lebensweise hier. Sie ist anders, langsamer und ruhiger. Hier regt sich nicht sofort jemand auf, wenn mal was nicht klappt. Das ist ganz normal. Die Menschen sind hier auch „echter“. Es geht nicht um das, was man darstellt, sondern um das, was man leistet und wer man ist. Der „Schein um das Sein“, die Künstlichkeit ist hier einfach wesentlich geringer.“ 
 
Auch die Internationalität, die Vielfältigkeit in diesem Land gefällt ihr. „Die Toleranz die hier mit Dingen wie Nationalität, Religion oder Kultur einhergeht, finde ich wunderschön. Es herrscht immer eine ausgesprochene Freundlichkeit. Solche Dinge lassen in Europa mehr als zu wünschen übrig.“
 
Im Colosseum spiegelt sich diese Haltung auch wieder: „Unsere Trainer tragen zum Beispiel grundsätzlich keine kurzen Hosen. Auch eine gemischte Sauna ist hier undenkbar. Zu bestimmten Zeiten ist der Club nur für Frauen geöffnet, damit auch muslimische Frauen die Gelegenheit haben, sich nicht verschleiern zu müssen. Dieses Angebot wird unheimlich stark genutzt.“
 
Neue Herausforderungen wagen
 
Zu ihren Stärken zählt Keller aufgrund ihrer vielen Tätigkeiten das „gute Organisieren“ und „den Überblick behalten“. Auch im Umgang mit dem Personal ist sie zwar streng, aber sehr humorvoll und offen – was die Angestellten sehr schätzen. „Es ist eigentlich so, dass sie für mich arbeiten und nicht für den Job, das Geld oder das Unternehmen.“
 
Und auch wenn es ihr momentan sehr gut gefällt, hat Anja Eva Keller schon Pläne für die Zukunft: „Ich möchte das Colosseum noch ein Stück begleiten, bis es auf sicheren Füßen steht. Mir macht so eine Aufbauphase immer am meisten Spaß. Doch dann denke ich, wird es mich weiterziehen. Zu einem neuen Projekt, einer neuen Herausforderung. Zu etwas ganz anderem oder an einen anderen Ort. In Tansania gibt es immer zweijährige Arbeits-Visa. Wenn mein jetziges im März 2007 ausläuft, werde ich das Colosseum dann vielleicht an einen nachfolgenden Manager übergeben.“
 
Von Tansania aus belegte Keller auch die IST-Weiterbildung Wellness- und Spamanagement, die ihr gut gefallen hat. „Gerade was den Bereich „Abläufe organisieren“ oder „Beschwerdemanagement“ betrifft, konnte ich die Inhalte gut nutzen. Dinge wie „deutsches Arbeitsrecht“ waren für mich natürlich weniger hilfreich. Aber wer weiß, ob ich nicht irgendwann auch mal wieder in Deutschland arbeite.“ 
 
Allen, die überlegen, etwas Ähnliches zu machen, rät Keller „Mach es!“. „Nicht zögern und den Schritt einfach wagen. Gerade Frauen unterschätzen sich oft. Man sollte ruhig mal seine gewohnte Bequemlichkeitszone verlassen und so etwas machen. Es kann einen nur weiterbringen.“