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13.06.2019

Lernen, mit Stress in der Schule umzugehen

Stress in der Schule tritt immer deutlicher zutage. Betroffen sind Schüler und Lehrer gleichermaßen. Hartnäckig hält sich das Klischee, dass Lehrer 12 Wochen Urlaub haben und nur halbtags arbeiten.

Allerdings belegt eine Studie der Gewerkschaft für Erziehung und Wissenschaft (GEW), dass Lehrer häufig deutlich mehr als 40 Stunden in der Woche arbeiten und während ihrer Arbeitszeit extremen psychischen Belastungen ausgesetzt sind. Auf der anderen Seite leiden laut aktuellem DAK-Präventionsradar rund 43 % der Schüler unter hohem Leistungsdruck, Mobbing oder schlechten Noten. Das hat Folgen: Schlafstörungen, Rückenschmerzen, Kopfschmerzen und Panikattacken. 

Christian Mörsch, Dozent am IST-Studieninstitut in der Weiterbildung „Stress- und Mentalcoach“ und Leiter der Stress-Management-School in Wuppertal, weiß, wie man den Stresspegel senken kann.

Herr Mörsch, seit Jahren ist klar, dass der Stresspegel an Schulen hoch ist. Sowohl für Schüler als auch Lehrer. Woran liegt das?
Christian Mörsch:
Für Schüler hat der Leistungsdruck in den vergangenen Jahren zugenommen. Das liegt an höheren Zugangsvoraussetzungen für viele Ausbildungen und Studiengänge, aber auch oft nicht erfüllbaren Erwartungen der Eltern an ihr Kind. Die Folgen sind vermehrte Prüfungsängste oder Konzentrationsschwierigkeiten. Im Extremfall kommt es zum Blackout. Stress betrifft jedoch nicht nur Schüler, sondern auch Lehrer. Belastend sind zum Beispiel 

  • Schüler, die nicht zuhören und Lehrer an den Rand Ihrer Belastbarkeit bringen
  • ungeplante Vertretungsstunden
  • immer höhere Erwartungen an die Lehrqualität
  • und damit verbunden ein wachsender Vorbereitungsaufwand nach Unterrichtsende
  • der Umgang mit Schülerproblemen 
  • große Klassen
  • und so gut wie keine Pausen im Schulalltag - durch Gespräche im Lehrerzimmer, Anfragen von Schülern oder den Weg zum nächsten Unterrichtsraum.


Nicht nur die Schule ist ein stressträchtiger Ort. Aber hier wird auch viel mithinein gebracht, Probleme aus dem Familien- und Freundeskreis, Druck aus den Sozialen Medien, idealisierte Welten in Fernsehserien. Lehrer sind meist mehr als nur „Wissensvermittler“. Sie sind auch noch Sozialarbeiter und Psychologen. Und meistens für diese Aufgaben nicht oder nur mäßig ausgebildet. Was können Lehrer tun?
Mörsch:
Ja, Lehrer sind weit mehr als Wissensvermittler. Sie sind wichtige Ansprechpartner für Schüler. In vielen Fällen sind sie tatsächlich in der Rolle eines Psychologen oder Sozialarbeiters. Wichtig bei allem Engagement ist es für Lehrer, persönliche Grenzen zu setzen. Wer den Anspruch hat, in jeder Situation perfekt zu sein, erhöht die Gefahr eines Burnouts. Die Burnout-Rate ist bei Lehrern höher als in anderen Berufen. Lehrer sollten in der Lage sein, bewusst kurze Pausen in den Alltag einzubauen und die Schülerprobleme nicht mit „nach Hause“ zu nehmen. Dies gelingt über kurze Entspannungstechniken, ein gutes Zeitmanagement oder über Rituale, die dabei helfen den Übergang vom Schulalltag in die Freizeit zu erleichtern. 

Eltern können auch ein Stressfaktor sein, auch wenn sie es nicht gern hören. Zum einen erwarten sie gute Noten und übertragen zum anderen ihre sozialen Ängste auf ihre Kinder. Was raten Sie Eltern?  
Mörsch:
Eltern brauchen mehr Gelassenheit im Umgang mit ihren Kindern. Wer sich über gute Leistungen der Kinder stellvertretend eigene Träume erfüllen möchte, tut seinen Kindern nichts Gutes. Eltern sollten ihren Kindern signalisieren, dass sie geliebt und wertgeschätzt werden – unabhängig von guten Noten. Damit Eltern Stress und eigene soziale Ängste nicht auf ihre Kinder übertragen, ist es von großer Bedeutung als Eltern selbst ein gutes Stressmanagement zu betreiben. Denn entspanntere Eltern haben in der Regel auch entspanntere Kinder.

Glauben Sie, dass eine Weiterbildung helfen kann, Stress bei Lehrern zu reduzieren, indem sie auch positiv auf ihr Schüler einwirken können?
Mörsch:
Ja, natürlich. Wer als Lehrer mental stark ist und gelernt hat, selbstbewusster und gelassener zu reagieren, geht achtsamer mit sich selbst und anderen um. Diese innere Haltung nehmen Schüler bewusst oder unbewusst wahr. Es entsteht eine positive Unterrichtsatmosphäre, in der Prüfungsinhalte leichter und effizienter vermittelt werden können. Noch besser ist es, wenn Lehrer selbst in der Lage sind Achtsamkeits- und Entspannungsübungen in den Unterricht einzubauen. Denn Wissensvermittlung gelingt vor allem dann gut, wenn Schüler aufnahmebereit und motiviert sind und sich nicht in einem Zustand der Überspannung befinden.

Danke für Ihre Erläuterungen!

Die IST-Weiterbildung „Stress- und Mentalcoach“ ermöglicht u.a. Lehrern, Sozialpädagogen und Erziehern, aber auch Eltern, psychische Belastungen bei sich selbst oder bei Kindern und Schülern zu erkennen, deren Folgen abzuschätzen und möglichst früh präventiv einzugreifen. Psychologisches Wissen, ausgewählte Coaching-Tools sowie mental- und bewegungsorientierte Entspannungstechniken ermöglichen den Teilnehmern der Weiterbildung Konflikte zu erkennen und zu analysieren, Konfliktlösungsgespräche zu führen und Stress ganz praktisch durch Entspannungsmethoden wie „autogenes Training“ oder „progressive Muskelrelaxation“ zu reduzieren und zu regulieren.

Die 12-monatige Weiterbildung wird im staatlich zugealssenen Fernunterricht in einer Kombination aus verständlich aufbereiteten Studienheften und vertiefenden Seminartagen meist an Wochenenden angeboten.

Alle Informationen finden Sie hier.