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02.08.2016

Olympiasiegerin beim IST – Ein Gespräch über mentale Stärke mit Heike Henkel

Sie war 20-fache Deutsche Meisterin, Europameisterin, Weltmeisterin und Olympiasiegerin – Leichtathletin Heike Henkel (52) hat im Hochsprung alles gewonnen, was es zu gewinnen gab. Ein wesentlicher Bestandteil ihres Erfolgs war die mentale Stärke – etwas, das sie heute gerne weitergeben möchte. Zurzeit belegt sie deshalb beim IST-Studieninstitut die Weiterbildung „Sport-Mentaltraining“. Wir sprachen kurz vor den Olympischen Spielen in Rio mit ihr über die Bedeutung mentaler Stärke im Sport und über ihr IST-Fernstudium.

IST: Frau Henkel, warum haben Sie sich für die IST-Weiterbildung „Sport-Mentaltraining“ entschieden?
Heike Henkel: Ich habe im Sport viele wertvolle Erfahrungen gemacht und unzählige schöne Momente erlebt. Ein großer Anteil an meinen Erfolgen war meine mentale Stärke. Eine Erfahrung, die ich unbedingt weitergeben möchte. Mentalcoaching ist für mich eine absolute Herzensangelegenheit. Ich sehe hier ein ganz großes Potenzial, das noch viel zu wenig genutzt wird. Außerdem spielt mentale Stärke nicht nur im Sport eine große Rolle, auch im Berufsleben ist es von großer Bedeutung, wo Mitarbeitern immer mehr Leistung abverlangt wird. 
   
IST: Die Weiterbildung wird als Fernstudium durchgeführt. War Ihnen das wichtig?
Heike Henkel: Zunächst war ich etwas skeptisch, weil ich nicht sicher war, ob ich dabei so diszipliniert arbeiten würde. Aber es hat sehr viele Vorteile: Ich kann mir die Arbeitszeit selbst einteilen und der zeitliche Rahmen war für mich attraktiver als ein Studium an einer normalen Hochschule. Mentalcoaching wird dort ja nur im Rahmen eines Psychologiestudiums angeboten. Ich wollte aber möglichst schnell in die aktive Arbeit mit Athleten einsteigen. Mit Anfang 50 möchte man sich außerdem nicht unbedingt noch viele Jahre mit einem Studium beschäftigen, was für mich auch sehr viel Aufwand bedeutet hätte.
 
IST: Wie gefällt Ihnen die Weiterbildung bislang?

Heike Henkel: Die Studienhefte sind gut verständlich, haben nicht zu viele Fachbegriffe und sind auf das Wichtigste begrenzt. In den Seminaren bekommt man noch einmal fachlich fundiertes Wissen durch sehr gut ausgewählte Dozenten vermittelt. Es wird nicht nur doziert, sondern es wird auch zu einem regen Austausch zwischen den Teilnehmern angeregt. Beim IST hat man direkt einen Ansprechpartner für eventuelle Fragen und das Onlineportal ist schön einfach zu bedienen.

IST: Wie wichtig ist es Ihrer Meinung nach für Sportler, sich rechtzeitig auf die Zeit nach der aktiven Karriere vorzubereiten, sich weiterzubilden?
Heike Henkel: Sehr wichtig. Das sollte so früh wie möglich passieren, am besten parallel zum Sport. Ich halte es für falsch, mit dem Sport alles auf eine Karte zu setzen. Schnell kann durch eine Verletzung oder ausbleibenden Erfolg die Karriere beendet sein. Dann sollte man auf die Zeit danach vorbereitet sein, um sich eine Existenz aufbauen zu können.
 
IST: Wie lief der Übergang vom Sport in das „Berufsleben danach“ bei Ihnen ab?

Heike Henkel: Ich bin sanft gefallen, weil ich das Glück hatte, schon zu aktiven Zeiten Kooperationspartner gehabt zu haben. Der Bekanntheitsgrad war auch groß genug, sodass das Interesse auch lange nach der Karriere angehalten hat, mich für diverse Kooperationen und Auftritte zu engagieren. Aber man muss dazu sagen, dass nur wenige Athleten bzw. Olympiasieger mit ihrem Sport Geld verdienen oder gar genug für die Zeit danach zurücklegen können. Umso wichtiger ist es, sich um die Ausbildung zu kümmern.
 
IST: Was genau machen Sie heute?

Heike Henkel: Ich halte Vorträge und begleite Workshops sowie Seminare zu Themen wie Erfolg, Work-Life-Balance, Umgang mit Stress und gesunde Lebensführung.
 
IST: Glauben Sie, dass Ihnen die Studieninhalte und der IST-Abschluss „Sport-Mentaltraining“ bei Ihrer Tätigkeiten helfen werden oder können Sie vielleicht jetzt schon etwas anwenden?
Heike Henkel:
Auf jeden Fall. Ich habe jetzt endlich den theoretischen Hintergrund, um meine eigenen Erfahrungen erklären zu können und es anderen Athleten vermitteln zu können. Auf diesem Weg habe ich erfahren, dass das, was ich im Laufe meiner Karriere angewendet habe, nicht nur irgendwelche Spinnereien waren, sondern Techniken, die sehr nützlich für die Umsetzung meiner antrainierten physischen Fertigkeiten waren und im entscheidenden Moment über Sieg oder Niederlage entschieden haben.
 
IST: Sie waren selbst jahrelang erfolgreiche Spitzensportlerin. Welche Rolle spielt das Mentale im Leistungssport? Und ist es speziell im Hochsprung bzw. bei Einzelwettkämpfen, die es in der Regel in der Leichtathletik ja sind, besonders wichtig?

Heike Henkel: Voraussetzung für langfristigen Erfolg und um vor allem in wichtigen Wettkämpfen top zu sein, ist die mentale Stärke. Ich würde sagen sie macht 50 Prozent einer erbrachten Leistung aus. Ob Einzelsportler oder Mannschaftssportler ist meiner Meinung nach unerheblich. Für jede Art von Sportler oder Sportart ist mentale Stärke wichtig.
 
IST: Haben Sie selbst zur aktiven Zeit einen Mentaltrainer gehabt oder sich gezielt mit diesem Thema beschäftigt?

Heike Henkel: Mit der Installierung der Olympiastützpunkte bekam man auch als Kaderathlet die Möglichkeit, sich von Sportpsychologen unterstützen zu lassen. Ich selbst habe es aber nicht in Anspruch genommen, weil ich zu dem Zeitpunkt schon sehr erfolgreich war. Bei mir war es eher Intuition.
 
IST: Können Sie sich an bestimmte Situationen erinnern, in denen mentale Stärke Ihnen geholfen hat?

Heike Henkel: Bewusst wahrgenommen habe ich es bei meinem ersten Zweimetersprung. Ansonsten würde ich sagen hat es mir jedes Mal geholfen. Umgekehrt: Ich habe es 1988 bei den Spielen in Seoul nicht ins Finale geschafft, weil mir die mentale Stärke fehlte.
 
IST: Bald starten wieder viele Athleten bei den Olympischen Spielen in Rio. Gibt es etwas zum Thema mentale Stärke, dass Sie jüngeren Sportlern mit auf den Weg geben können, was ihnen in der Vorbereitung oder im Wettkampf hilft? 
Heike Henkel:
Mentale Stärke kann man nicht von heute auf morgen erlangen. Ich habe fünf bis sechs Jahre gebraucht, um auf das Leistungsniveau zu kommen, auf dem ich war. Aber vielleicht helfen dem Einen oder Anderen ja folgende Aussagen: „Olympische Spiele sind zwar das größte Sportereignis, aber es ist auch nur ein Wettkampf.“ und „Man kann unmögliches schaffen, man muss nur anfangen es sich vorzustellen.“.

IST: Wird man auch nach mehreren Jahren Abschied vom Leistungssport manchmal noch wehmütig, wenn ein großes Sportfest wie Olympia ansteht ? Und würden Sie selbst gerne noch einmal die Spikes schnüren?
Heike Henkel: Etwas neidvoll schaut man natürlich schon auf die Ereignisse, aber vielmehr kribbelt es, wenn ich mitbekomme, wie ein gut vorbereiteter Athlet seine Form nicht abrufen kann. Dann würde ich am liebsten dazwischenspringen und ihn oder sie „wachrütteln“, um ein paar Tipps loszuwerden.
 
IST: Sie waren bereits während Ihrer Laufbahn engagierte Anti-Doping-Kämpferin. Bei immer neuen Doping-Skandalen sind nicht wenige Menschen der Meinung, dass man heute ohne Doping überhaupt keine Chance auf Spitzenplätze hat. Glauben Sie, dass es wirklich nur noch wenige „ehrliche“ Sportler gibt oder ist der Sport in Deutschland doch noch vergleichsweise „sauber“? Und hat die Doping-Problematik seit Ihrer aktiven Zeit bis heute zugenommen?
Heike Henkel: Den Anschein könnte man haben, aber ich bin vom absoluten Gegenteil überzeugt. Auch hier wird das Mentalcoaching total unterschätzt und das Doping eher überschätzt. Ich glaube auch immer noch, dass der Großteil der Athleten „sauber“ ist. Ob die Problematik größer geworden ist, kann man schlecht nachprüfen. Heute wird mehr kontrolliert und auch mehr aufgedeckt. Es wird auch leider in Zukunft ein Problem bleiben und immer zum Hochleistungssport dazugehören. Den einzelnen Betrüger wird man nur schwer fassen können, die wird es immer geben. Aber systematisches Doping sollte man auf jeden Fall angehen und Verbände rauswerfen, die sich nicht daran halten oder sich dem Kontrollsystem entziehen.
 
IST: Sie sind damals von der Sporthilfe gefördert worden. Wie wichtig war die Sporthilfe-Unterstützung für Sie? Und welche Bedeutung hat die Sporthilfe heute aus Ihrer Sicht?

Heike Henkel: Ich bin 1985 von Kiel nach Leverkusen umgezogen. Ohne die finanzielle Unterstützung der Sporthilfe wäre das gar nicht möglich gewesen. Ohne Sporthilfe würden sich wahrscheinlich viele Talente direkt für den Beruf und gegen den Sport entscheiden. Es ist ja nicht nur die finanzielle Unterstützung, sondern auch das Angebot der Zwillingskarriere, die dem Sportler mehr Absicherung bietet. Trotzdem ist es nach wie vor ein großes Risiko, das der Sportler eingeht, wenn er sich für den Hochleistungssport entscheidet. Die Sporthilfe ersetzt ja kein normales Gehalt eines Erwerbstätigen. Es ist immer noch für die allermeisten ein Hobby auf absolut hohem Niveau. Auch deshalb macht es Sinn, sich rechtzeitig auf die Zeit danach vorzubereiten.

IST: Frau Henkel, vielen Dank für dieses Gespräch.

Heike Henkel am Schreibtisch    Olympiasiegerin Heike Henkel

Heike Henkel heute an ihrem Schreibtisch und als Olympiasiegerin 1992 in Barcelona     

Wenn Sie nähere Informationen zur Weiterbildung suchen, finden Sie diese unter „Sport-Mentaltraining“.