13.07.2006
IST-Studentin Simone Brüsewitz über ihre Arbeit für das WM-Organisations-Komitee
Simone Brüsewitz belegt beim IST-Studieninstitut die Weiterbildung zur Sportfachwirtin (IHK). Während der Fußball-Weltmeisterschaft organisierte die 38-Jährige am Austragungsstandort Hannover – und beim Finale in Berlin – alles rund um die VIPs und VVIPs. Simone Brüsewitz sprach mit uns über ihre Aufgaben, die WM und die Arbeit mit den prominenten Ehrengästen.
IST:
„Frau Brüsewitz, Sie haben während der Fußball-Weltmeisterschaft in Deutschland für das Organisations-Komitee (WM-OK) gearbeitet. Was genau waren Ihre Aufgaben?“
Brüsewitz: „Ich war eingestellt als „Venue Protokoll Managerin“ für Hannover und zur Unterstützung des Headquarters für das Finale in Berlin. Im Einzelnen bedeutet dies, dass ich mich für den Standort Hannover um die gesamte Abwicklung bezüglich der Ehrengäste gekümmert habe.“
IST: „Können Sie kurz aufzählen, was man sich darunter alles vorzustellen hat?“
Brüsewitz: „Das ist eine Menge. Dazu gehörten:
- Absprachen bzgl. An- und Abreise mit der Abteilung Transport & Verkehr
- Abstimmung bzgl. Unterbringung
- Organisation von Tickets und besonderen Requests
- Aufbau und Einrichtung des Hospitality-Bereiches
- Auf- und Umbau der Ehrentribüne, Eingangsbereiche, Vorfahrten
- direkte Absprachen mit Delegationsvertretern, Auswärtigem Amt, Bundesregierung, Ministerien, Botschaften, Konsulaten, Staatskanzleien oder ähnlichen Behörden
- Platzierungen der Ehrengäste (Wer sitzt neben wem?)
- Absprachen bzgl. Sicherheit mit den beteiligten Abteilungen (Sicherheitsdienst OK/Stadion, BKA, LKA, Personenschützer der VVIPs, Feuerwehr und medizinischer Abteilung)
- Auswahl, Schulung, Einsatzplanung und Koordination der Volunteers und Hostessen
- ständige Abstimmungen mit der FIFA
- Abstimmung mit Hospitality und Catering (Manche Gäste haben besondere Cateringwünsche)
- Teilnahme an diversen Meetings (z. B. Matchkoordination)
- und einiges mehr.“
IST: „ Das hört sich spannend an. Und in Berlin hatten Sie dieselben Aufgaben wie bei den fünf Spielen in Hannover?
Brüsewitz: „Ja. Ergänzend zu der Arbeit für das Finale kamen dann noch die Unterstützung für die Sonderveranstaltungen in der Finalwoche, wie Empfang/Gala des Senats Berlin und des OKs, Empfang der Bundeskanzlerin, Damen- und Begleiterprogramm, Südafrika-Calling (offizieller „Startschuss“ für die nächste WM) oder das WM-Konzert.“
IST: „Kommt es vor, dass sich VIPs und VVIPs nicht „angemessen behandelt“ fühlen, was etwa den Sitzplatz im Stadion betrifft?“
Brüsewitz: „Meistens ist es bereits vordefiniert, wer VVIP ist und wer nur „normaler“ VIP. Das heißt, alle hochrangigen Präsidiumsmitglieder des Organisationskomitees und der FIFA haben einen entsprechenden „hierarchischen Status“ – ebenso wie hochrangige Politiker oder Mitglieder von Königshäusern oder Ähnlichem. Allerdings ist bei solch einer Fußball-Veranstaltung durchaus in einigen Bereichen ein anderer protokollarischer Stellenwert als innerhalb von Politik oder „Royalty“ gegeben.“
IST: „Zum Beispiel?“
Brüsewitz: „Während der WM sind etwa die Botschafter der Länder als entsprechende Vertreter der gesamten Nation besser platziert als zum Beispiel Minister, die extra aus dem jeweiligen Land anreisen. Dies führt regelmäßig zu Verwirrung. Außerdem heißt es grundsätzlich, dass FIFA und OK „keine Politik machen“ – d. h. es wird möglichst niemand bevorzugt. Und: ‚Fußball-Familie schlägt Royalty und Politik’. Durch diese Zusammenhänge kann es natürlich passieren, dass nicht jeder Gast im ersten Moment 100-prozentig glücklich ist – am Ende sind aber durch die Begeisterung und die tolle Atmosphäre im Stadion trotzdem alle happy.“
IST: „Wir können uns vorstellen, dass der Wunsch nach Tickets größer wurde, je näher man dem Finale kam. Ist das richtig?“
Brüsewitz: „Ja. Bei den Vorrundenspielen war es noch relativ entspannt, aber je dichter die Ausscheidungsspiele kamen, desto fordernder wurden die Gäste – was ja nachvollziehbar ist. Zum Finale war es so eng mit Tickets, dass wir sogar sehr hochrangigen Politikern, Prominenten etc. absagen mussten – nicht immer sehr angenehm.“
IST: „Wie verlief die Zusammenarbeit mit dem Auswärtigem Amt, BKA, LKA etc.?
Brüsewitz: „In enger Abstimmung und sehr konstruktiv. Bei den Personenschützern ist natürlich jeder bestrebt, möglichst dicht an seinem VVIP dran zu sein und zu bleiben. Aber auch hier werden – und müssen – klare Grenzen gesetzt werden.“
IST: „Einen typischen Arbeitstag gibt es für Sie sicherlich nicht, oder?“
Brüsewitz: „Nein. Natürlich gibt es immer wieder die gleichen Dinge, die erledigt werden müssen, aber unsere VIPs und VVIPs machen uns regelmäßig einen Strich durch die geplanten Abläufe. Das ist auch verständlich, wenn man bedenkt, dass es sich um Politiker, Könige und hochrangige Repräsentanten handelt, die von Termin zu Termin ‚jagen’. Für uns lautet die Devise immer: nicht verrückt machen lassen und Ruhe bewahren!“
IST: „Gibt es Gäste, die Ihnen besonders positiv in Erinnerung sind?“
Brüsewitz: „Besonders angenehm in Erinnerung ist der Besuch des spanischen Kronprinzen – auch wenn der spanische Hofstaat (Protokollchef und „Chef de Securidad S.E. El Rey“ – also des Königshauses) im Vorfeld sehr anstrengend und extrem fordernd waren, was ihre Interessen bezüglich Kartenkontingent und Platzierung anging. Aber der Kronprinz und Letizia haben sich sehr nett persönlich bei mir bedankt. Auch Nicolas Kiefer ist mir als ein sehr angenehmer Gast in Erinnerung.“
IST: „Der im Übrigen auch eine Weiterbildung beim IST-Studieninstitut belegt hat. Wie viele Mitarbeiter hatten Sie?“
Brüsewitz: „Sechs Volunteers, eine Assistentin und 40 Hostessen im Stadion Hannover.“
IST: „Was hat Ihnen an Ihrer Arbeit besonders viel Spaß gemacht und was gefiel Ihnen weniger gut?“
Brüsewitz: „Es war großartig, bei einem solch tollen Event dabei zu sein! Weniger schön ist natürlich, dass es eine 'endliche' Tätigkeit war und jetzt alles vorbei ist. Allerdings kann man auch nicht auf Dauer in diesem Umfang und auf diesem Level arbeiten. Es ist schon ein ‚Ausnahmezustand’ – getragen von sehr viel Euphorie. Woran das tolle Auftreten der deutschen Mannschaft seinen Anteil hatte.“
IST: „Was würden Sie als Ihre Stärken bezeichnen, die für diesen Job notwendig sind?“
Brüsewitz: „Organisationstalent, Durchsetzungsvermögen, Flexibilität und Teamgeist.“
IST: „Wie haben Sie persönlich das Turnier in Deutschland rückblickend erlebt?“
Brüsewitz: „Die WM war wahnsinnig! In der Vorrunde konnte ich leider keine Spiele sehen – noch nicht einmal am Fernseher. Während des Dienstes im Stadion kommt man auch nicht dazu, denn man ist natürlich immer noch mit koordinativen Dingen beschäftigt, wie Halbzeit-Besprechungen organisieren, Interviewwünsche der Fernsehsender koordinieren, die Abreise abzustimmen und vieles mehr.“
IST: „Abschließend noch eine Frage zu Ihrer Weiterbildung. Sie studieren beim IST-Studieninstitut „Sportfachwirt (IHK)“. Warum haben Sie sich grundsätzlich für eine Weiterbildung entschieden und – im Speziellen – warum für das IST?“
Brüsewitz: „Die angebotene Weiterbildung erschien mir einfach am professionellsten. Grundsätzlich möchte ich immer etwas dazulernen. Das IST-Angebot bietet mir dazu die Möglichkeit in einem sehr interessanten Bereich. Auch habe ich damit sicherlich eine gute weitere Referenz. Leider musste ich den Start zunächst zwei Mal verschieben, da ich durch das WM-Engagement zu stark gebunden war. Hier ist mir das IST freundlich und hilfsbereit entgegengekommen. Jetzt freue ich mich auf die Weiterbildung.“
Zur Person:
Simone Brüsewitz (38) hat eine Ausbildung im kaufmännischen Bereich gemacht und anschließend Englisch und Sport studiert. Nach Stationen beim NDR (Journalismus) ist sie über einen Einsatz für einen Personaldienstleister in das Thema „Personal/Protokoll“ gerutscht. Nach dem Aufbau der Eventabteilung im Vorfeld der Expo 2000 war sie während der Messe für die Bereiche Pressezentrum und Protokoll zuständig und konnte dort bereits Erfahrungen mit der Betreuung von VIPs und VVIPs sammeln. Nach der Expo wechselte sie zu einer Tochterfirma von VW und ist dort auch heute noch. Hauptsächlich kümmert sie sich um das Thema Personal, hat aber im Zuge einer Projektarbeit das Hospitality-Konzept für das Stadion in Wolfsburg (Volkswagen Arena) mitgestaltet und den gesamten Personalstamm aufgebaut (400 Mitarbeiter). Im Rahmen ihrer jetzigen Tätigkeit wurde Brüsewitz dann auch angesprochen, ob sie während der WM für die FIFA tätig sein möchte.