Zur Erfolgsstorys-Übersicht

08.10.2001

Jeannine Rathjen- Im Laufschritt zur Sportmanagerin

Sie läuft einen Marathon nach dem anderen und das mit einer Behinderung, die den meisten sogar koordiniertes Gehen nahezu unmöglich machen würde. Seit Oktober 2000 läuft sie nun zweigleisig und startete den Fernstudiengang “Sportmanagement“ beim IST.

„Ich bin ‘ne Story!“ sagt Jeannine Rathjen über sich selbst und wenn man sich ihr bisheriges Leben anschaut, kann man das nur bestätigen. Nach einem Autounfall, in den sie mit 19 Jahren verwickelt wurde, blieb ihr rechter Unterschenkel gelähmt, was ihr das Anheben des rechten Fußes nicht mehr möglich machte. Anhand der Entwicklung einer speziellen Technik, bei der sie ihr rechtes Knie jeweils so hoch hebt, daß sie mit der Fußspitze nicht am Boden hängen bleibt, lernte sie das Gehen neu. Rekorde am laufenden Band Kaum zu glauben, daß sie mittlerweile allen davon läuft. War sie bei ihrem ersten Marathon im April 1997 noch schwer über ihre Zeit enttäuscht, so kann sie sich heute unter anderem mit dem Titel der schnellsten Marathon-Handicap-Läuferin der Welt schmücken, ganz zu schweigen von ihren Einträgen ins Guiness-Buch der Rekorde für den Rekord der Körperbehinderten im 24-Stundenlauf und für ihre beachtlichen 43 Marathon-Starts im ersten Laufjahr. Im Jahr 2000 kurzzeitig ins Profi-Lager gewechselt, bezeichnet sie sich nun als Semi-Profi. Zwei Tage die Woche arbeitet sie in der Buchhaltung der Nordinvest in Hamburg und wird ganz nebenbei noch Deutsche Meisterin der Körperbehinderten im Triathlon. Diesen Titel scheint sie in den vergangenen Jahren abonniert zu haben,gerade in jüngster Zeit ein Verdienst ihres neuen Trainers Jürgen Höfner, Cheftrainer im Hamburger Olympia-Stützpunkt. Nach ihren Zielen für das Jahr 2002 befragt, sollte es da auch im nächsten Jahr keine Ausnahme geben. Desweiteren würde sie 2002 gerne am neuen Ironman in Frankfurt, dem Europeman teilnehmen und den Ironman auf Hawaii und den New York- Marathon gleich mitnehmen. Paparazzi auf Abwegen Für letztere Stadt hegt Jeannine Rathjen eine heimliche Liebe und verrät auch gerne, warum: „Von meinem ersten Sponsorengeld flog ich damals zum Marathon nach New York. Der Landeanflug über die Skyline war emotional einfach überwältigend!“ Bis heute hat New York für sie nichts von ihrem Reiz verloren. „Der New York-Marathon ist einfach Fun! Ich laufe immer mit Fotoapparat, denn neben der Strecke gibt es immer soviel Kurioses und Spannendes zu entdecken, für das es sich lohnt, sich kurz zu bremsen.“ Wie zum Beispiel Christo und Jeanne-Claude, die sie zufällig bei einem abschließenden Spaziergang in New York traf und mit ihnen Autogrammkarten tauschte. Hat jemand, der in einem so kurzen Zeitraum so viel erlebt hat, sportlich gesehen eigentlich noch Wünsche offen? „Mein Traum wäre die Teilnahme am Marathon de Sables quer durch die marokkanische Wüste. Dann natürlich ein Start beim Ironman auf Hawaii und irgendwann möchte ich mal beim Race across America mitfahren.“ Jeannine Rathjen hat sich also viel vorgenommen, aber ein Ende ihrer sportlichen Karriere ist –laut eigener Aussage- sowieso noch nicht in Sicht. Auch in Zukunft dem Sport verbunden Vorgeplant hat sie aber für die Zeit danach dennoch. Seit Oktober 2000 nimmt sie an dem IST-Studiengang “Sportmanagement“ teil. Warum sie sich gerade für das IST entschieden hat? „Das IST wurde mir vom Arbeitsamt Hamburg empfohlen. Ausschlaggebend war für mich aber die langjährige Erfahrung, die das IST mit aktiven Sportlern, bzw. Profi-Sportlern hat. Dies zeigt sich unter anderem in der Bereitschaft der Studienberaterinnen, mit mir gemeinsam den bestmöglichen Abgabetermin für meine Hausarbeiten zu ermitteln. Darauf bin ich angewiesen, da ich des Sportes wegen viel unterwegs bin und deshalb einen flexibleren Arbeitsplan benötige.“ Begeistert zeigt sie sich auch von der Praxisnähe: „Es ist wirklich ein grundsolider Studiengang, der eine gute Basis bildet, für den Weg den ich einzuschlagen gedenke.“ Dieser Weg wird wohl entweder Richtung Produktmanagement oder Marketing/ Public Relations gehen, denn erste Schritte hat sie auf diesem Weg bereits gemacht. Mit Erfolg hat sie seit Juli diesen Jahres -wie beispielsweise beim Marathon in Frankfurt- die Vermarktung der von der Firma Rietmann vertriebenen Krafticus-Happen übernommen. Marketing scheint ihr im Blut zu liegen, was sich auch an der Antwort auf die Frage, was sie ändern würde, wenn sie Präsidentin des Internationalen Paralympischen Commitees wäre, zeigt: „Ich würde ein aggressiveres Marketing auffahren um dem Behindertensport nicht länger den Stempel “Integrationssport“ anhaften zu lassen. Wir betreiben Leistungssport wie die Nichtbehinderten auch. Und das sollte entsprechend honoriert werden.“ Eine Frau die Klartext redet also, aber es geht auch noch deutlicher: „Die Herren vom IPC sollten mehr Gelder in den Sport fließen lassen und sich weniger damit beschäftigen, die Toiletten in Sydney zu inspizieren.“ Vielleicht gelingt es Jeannine Rathjen ja aufgrund ihres sportlichen und fachlichen Hintergrunds etwas zu bewegen.