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03.09.2020

Abseits der ausgetretenen Pfade

Facettenreich und intensiv. Das Leben von Kerstin Schneehage ist nichts für Bewegungsverweigerer.

Die 38-Jährige ist nicht nur eine erfolgreiche Sporttherapeutin und Personal Trainerin, sie hat auch ein ganz besonderes Hobby. Als Trailrunnerin ist sie weit über die Landesgrenzen hinaus über Stock und Stein unterwegs – manchmal sogar weit über 100 Kilometer am Stück. Und weil das alles nicht genug ist, unterrichtet sie auch noch „Medizinisches Fitnesstraining“ am IST-Studieninstitut.

Kerstin SchneehageJeder ist seines Glückes Schmied, doch der Zufall hilft oft genug ein wenig mit. So war es auch bei Kerstin Schneehage, als die gebürtige Erzgebirglerin für eine Studienarbeit erstmals in die Alpen zog. In einer Berghütte wollte sie mit adipösen Jugendlichen arbeiten. Weil die möglichen Unterkünfte, die für den Kurs in Frage kamen, aber weit auseinanderlagen und die Sportwissenschaftlerin wenig Zeit hatte, legte sie die Wege im Gebirge joggend zurück. Es war der Beginn einer großen Liebe zum Laufen im bergigen Terrain. „Es macht den Kopf frei“, erzählt Schneehage. „Wenn ich abseits von Wegen laufe, dann bin ich automatisch aufmerksamer. Ich bin mehr im Moment. Das Gedankenkarussell, das einen sonst doch oft beherrscht, wird einfach ausgeschaltet.“

„Seinen Körper hat jeder dabei“

Einen freien Kopf kann die Wahl-Bayerin auch gut gebrauchen, denn beruflich ist sie vielfältig unterwegs. Drei Tage die Woche arbeitet sie als Sporttherapeutin in einer Klinik. Sie betreut Athleten mit chronischen Beschwerden, aber auch andere Menschen im Personal Training. Immer mit der Prämisse, die Bewegungsabläufe zu optimieren.

Ihr Wissen gibt sie auch als Dozentin am IST-Studieninstitut weiter. In der Weiterbildung „Medizinisches Fitnesstraining“, die größtenteils im Fernunterricht, aber eben auch mit Präsenzphasen unterrichtet wird, legt sie Wert auf die Vermittlung von Praxisbeispielen aus erster Hand. „Das hat mir in meinem eigenen Studium immer gefehlt. Meine Seminare sind sehr praxisorientiert. Bei mir sitzen die Teilnehmer nicht nur rum. Seinen Körper hat ja jeder dabei, deshalb lassen sich anatomische Lehren so auch viel besser vermitteln als nur mit blanker Theorie.“

Kerstin SchneehageErfolge weltweit – aber auch tragische Erlebnisse

Ob für Bildung, Arbeit oder Sport – Kerstin Schneehages Erfolgsrezept ist klar: „Nur wenn du mit dem Herzen voll dabei bist, kannst du erfolgreich sein.“ Was das heißt, hat sie in der noch recht jungen Sportart Trailrunning schon häufig unter Beweis gestellt. „Am spannendsten ist es international. Da gibt es schon mal senkrechte Strecken den Berg runter oder fehlende Markierungen an entscheidenden Stellen. In Deutschland sind wir da sicherheitsbewusster – das macht es aber auch weniger abwechslungsreich“, sagt die IST-Dozentin.

2015 gewann sie den Tierra Arctic Ultra Trail – 100 Kilometer quer durch Lappland. Ein Jahr später siegte sie beim Glockner Trail über 55 Kilometer, und noch viel wichtiger: 2.500 Höhenmeter, denn die machen erst die richtige Schwierigkeit aus. 2016 folgte dann ein erster Platz, der den Blick auf ihren Sport veränderte.

In Chile erlebte Kerstin Schneehage ein Wechselbad der Gefühle. Bei der Endurance Challenge durch die Anden konnte sie alle weiblichen Kontrahentinnen hinter sich lassen, wurde dennoch zunächst nur Dritte. Wie sich später herausstellte, waren zwei Männer mit Startnummern für Frauen gelaufen und hatten die im Ziel an ihr weibliches Pendant weitergegeben, um das Preisgeld abzukassieren. Der Betrug flog auf, wurde aber noch von einem weitaus tragischeren Ereignis überschattet. Zwei Teilnehmer hatten sich in den Anden verlaufen, wurden tagelang gesucht und konnten nur noch tot geborgen werden. „Die ganzen Erlebnisse haben mir zunächst einmal die Lust an den Wettkämpfen genommen“, erzählt Schneehage. „Seitdem mache ich weniger Ultra-Sachen. Freies Laufen, eigene Wege suchen – dafür brauchst du keine Wettkämpfe, das geht auch alleine. Das aber, wann immer es geht.“

Die Erfahrungen aus dem Sport helfen Kerstin Schneehage im Berufsalltag: „Ich denke schon, dass ich dadurch auch Ausdauer in anderen Dingen habe. Du erlebst während eines Laufs immer Ups und Downs. Dann heißt es: Beißen und dranbleiben!“ Das möchte die lebensfreudige Athletin auch ihren Schützlingen mitgeben. „Als Personal Trainer arbeite ich mit vielen Menschen zusammen, die sehr viel Eigenmotivation mitbringen, im medizinischen Bereich muss ich häufig erst einmal überzeugen. Da geht es dann im übertragenen Sinn auch um nicht ausgetretene Pfade. Aber am Ende ist das Erlebnis dann meist für alle positiv!“